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Thailändische Massage

Vorab: Es gibt grundsätzlich großartige, hilfreiche und kompetente Anbieter in Sachen thailändischer Massage. Viele meiner Freunde lieben diese Anwendungen. Es war mein ganz subjektives "Erlebnis" und soll auch nur als solches betrachtet werden!


Da es in diesem Fall viel auf die Betonung des Textes ankommt, habt ihr auf meiner Startseite alternativ die Möglichkeit, die Geschichte zu hören:




Kurz vor der Auswanderung wollte ich meinem schmerzenden Nacken noch etwas Gutes tun. Nachdem ich vor einigen Tagen einen Flyer bekommen hatte, war ich mir sicher, dass dies genau das Richtige für mich ist: "Lassen Sie sich verwöhnen von unseren qualitativ hochwertigen Massagen und der sprichwörtlichen thailändischen Freundlichkeit. Wir freuen uns auf Ihren Besuch." Und ICH mich erst!!!

Am Freitag war es dann soweit: Ich betrat pünktlich das Studio, und eine Thailänderin begrüßte mich mit den Worten: "Habba siehja Termin"? Ich antwortete: "Ja, um 14 Uhr, mein Name ist"..."Ziehja bitta Schuha aus", wurde ich unterbrochen, und ich dachte nur "ok, man kann es sich zur Anamnese ja auch ein bisschen bequem machen." Ich zog meine Schuhe aus, und wollte gerade ansetzen über meine Vorgeschichte und meine aktuellen Beschwerden zu berichten, als die nette Dame mich freundlich aber bestimmt anwies: " Geha in diesa Raum", und schob mich sanft hinter einen Vorhang, wo eine Matratze auf dem Boden lag und ein kleiner Schemel in der Ecke stand. Sie drückte mir zwei Lagen Textilien in die Hand, und verschwand. Etwas irritiert stand ich da nun, und betrachtete genauer, was ich da in den Händen hielt: Ein riesiges XXL T-Shirt und eine überdimensional große Hose mit zwei Bändeln rechts und links. Da nichts weiter passierte, kombinierte ich, dass ich die Sachen wohl anziehen solle, und zog mich um. Ein bisschen wie im Gefängnis, wenn man die Häftlingskleidung anziehen muss! Aber eigentlich auch ganz praktisch, wenn man bedenkt, dass das Massageöl so ja gar nicht in Berührung mit der eigenen Kleidung kommt. Ich rief:" Ich bin soweit", und sofort war die zierliche Thailänderin bei mir, und zog den Vorhang wieder schnell hinter sich zu. "Beswerdä", fragte sie mich und endlich konnte ich äußern, was mich hierher getrieben hatte. "Ja hier", fing ich an, und fasste mir an eine schmerzende Stelle am seitlichen Nacken und "lega auf die Bauch", unterbrach sie mich und ich dachte nur: "Mensch, dass ist ja mal eine schnelle Diagnostik, alles weitere dann wohl später"?! Vielleicht war ich auch schon mal hier und weiß es nicht mehr...? Oder es ist so ein Rückführungsding???

Ich legte mich auf die Matratze auf den Bauch, und wartete voller Vorfreude auf die Rückenmassage. Endlich entspannen!!! Plötzlich zog etwas unsanft an meinen Füßen, es wurde gezerrt und geruckelt, angenehm ist anders. Ob sie weiß, weshalb ich hier bin? Vielleicht hat man mich bei der Anmeldung falsch eingetragen, sowas kann ja mal passieren...Weiter kam ich mit meinen Gedanken nicht, da die Thailänderin nun begann, emsig auf mir herum zu turnen. Man ist als Normalbürger nicht UNBEDINGT darauf vorbereitet. Ohne Vorwarnung drückte sie wie bei einer Reanimation (nur umgekehrt), meinen Brustkorb in die Matratze. Ich war so unvorbereitet, dass ich vorher nicht mehr Luft holen konnte, und mich der Druck völlig perplex machte. Die minimale Zeitspanne der Entspannung reichte nicht, um adäquat einzuatmen. Das Ergebnis war ein stoßweises Hecheln meinerseits, was mir so unangenehm war, dass ich versuchte, die Luft anzuhalten. Man kann vielleicht nachempfinden, dass dies nicht unbedingt zu einer Tiefenentspannung beiträgt. Mir kamen jedenfalls erste Zweifel.

Die Zweifel schienen berechtigt, denn jetzt prasselten Fäuste auf meinen Rücken nieder, und vor lauter Anspannung, verkrampfte mein kompletter Bewegungsapparat. Bevor ich mich dagegen wehren konnte, spürte ich einen neuen Schmerzfaktor. "Das müssen Holzstäbe sein", dachte ich, und hörte in ziemlicher Alarmbereitschaft dem rhythmischen Klopfen zu. Das kann doch alles nicht wahr sein! Am liebsten hätte ich gerufen, dass es mir für heute völlig ausreicht, und ich jetzt lieber gehen würde! Nach einer gefühlten Ewigkeit, hörte das Klopfen auf, und ich dachte nur: "Endlich"! Aus dem Nichts schlug mir stattdessen etwas unsanft auf den Rücken, und dieses "Etwas" konnte nur eine Hammer sein. Also kein Hammer aus der Werkzeugkiste, aber ein Hammer. Ich versuchte hinter mich zu schauen, was aus einer Bauchlage gar nicht SO einfach ist, und erhaschte einen Blick auf das Arbeitsgerät: Es war ein Hammer! Normalerweise hätte ich mich jetzt freuen können über meine tolle Einschätzungsgabe (also echt der Hammer!), aber schmerzbedingt war mir gerade nicht danach, mich zu freuen...Jetzt kam eine klare Ansage:" Setza Sie bitta Sneidasiess" , worauf ich passen musste. Erneut die Ansage :" Setza bitta Sneidasiess". Bin ich so schwer von Begriff? Ich habe mal gehört, dass wir sehr viel schneller begreifen und umsetzen können, wenn uns jemand die Anordnung vormacht. Beim dritten Mal, viel endlich der Groschen. Ich sollte mich in den Schneidersitz setzen!!! Große Erleichterung machte sich breit. Wie war das in dem Seminar? Wörter haben für uns keine Bedeutung, wenn wir sie nicht verstehen...Ist echt so. Das erste Mal schrie ich auf, als mein Kopf mit einer hefigen Dynamik zur Seite und nach unten gedrückt wurde. Darauf folgte ein "Entsuldiguuhng". Moment: Hatte die zierliche Thailänderin sich eben bei mir entschuldigt?! Das kam zu schnell und zu deutlich. Ich war sofort in Alarmbereitschaft. Es gab nur zwei Möglichkeiten: Entweder benutzte sie dieses Wort SEHR häufig, was bedeuten würde, dass Klienten während der Behandlung dementsprechend auch SEHR häufig aufschrien, oder aber es ist eine rein rhetorische Antwort auf den Schrei, was die Sache nicht besser macht. Eins ist klar: Die Äußerung passte mit dem Verhalten (nämlich einfach da weiter zu machen, wo man aufgehört hat), nicht zusammen...Beängstigend! Ein paar Mal noch schrie ich auf, und prompt kam die Reaktion in Form eines emotionslosem "Entsuldiguuhng". Na vielen Dank auch. Bei der nächsten Schmerzattacke änderte ich meine Taktik und rief: "Au, dass tut weh!" Die Antwort kam sofort, und ich war überrascht:" Nich so verspanna, dann tuta noch mehr weh, locka lassa, jah?" Würde ich ja gerne, wenn ich nicht das Gefühl hätte, da bohrt sich gerade ein Messer in meinen Nacken! Noch nie kamen mir dreißig Minuten so lange vor...Kaum erholt, griff sie nach meinen Händen und kniff mir in die Handinnenflächen. Ich bin wirklich nicht wehleidig, aber DAS tat richtig weh!!! Ganz ehrlich? In diesem Fall verzichte ich gerne auf den Fluss der Meridiane, beziehungsweise auf die Freischaltung jedweder Energieblockaden. Ich merkte, wie sich mir vor lauter Stress und Schmerzen meine Augen mit Tränen füllten. Nicht das ich losgeheult hätte, aber von einer Entspannung war ich weit entfernt. Nachdem auch diese Prozedur vorüber war, wurde ich zahlreiche Male im Schneidersitz hin und her gedrückt, und anschließend wurden meine Beine in den merkwürdigsten Stellungen gedehnt. Irgendwann ergibt man sich seinem Schicksal, und wie eine Puppe ließ ich mich verrenken. Wie war das noch? Eine Ratte die sich sicher fühlt, schafft es dreißig Stunden in einer ausweglosen Situation um ihr Leben zu schwimmen. Die gleiche Ratte, die vorher schon gestresst war, gibt schon nach dreißig Minuten auf. Nicht, dass ich mich mit einer Ratte vergleichen möchte, aber gewisse Parallelen sind doch nicht von der Hand zu weisen. Erschreckend!!! Irgendwann sind auch die längsten dreißig Minuten einmal um, und sie ließ von mir ab. Ich atmete das erste mal wieder richtig durch, und fing vorsichtig an, mich zu entkrampfen. Ein tolles Gefühl. In diesem Moment stand die Thailänderin wieder hinter mir, es kam die erste Information überhaupt, und bevor ich diese kognitiv verarbeiten konnte, dachte ich, ich hätte gerade eine Verbrennung zweiten Grades erlitten. Jetzt erst, kam der Hinweis bei mir an: "Issa bissa wahm." Wieder hielt ich die Luft an und dachte nur: "Tut gar nicht weh, tut gar nicht weh!" Bis ich das heiße Etwas als Öl identifizieren konnte, war es auch schon wieder weg. Mit den Worten: "Könna siah anzieha", verließ sie den Raum. Ich brauchte einen Moment, bis ich begriff, dass meine Therapeutin weg, und die "Gefahr" vorüber war. Erleichtert stand ich auf, und zog mich relativ zügig um. Als ich den Vorraum betrat, stand die Thailänderin lächelnd hinter dem Tresen und empfing mich mit den Worten:" Hatta siehja gefalla?" Ich hörte mich antworten:" Hm, war echt interessant, aber bei mir reicht wohl nicht einmal?" Meine Güte, das schreit doch nach dem Stockholm Syndrom!!! Ich muss hier schnellstens raus. Nachdem ich meine Schuhe wieder angezogen hatte, fiel mir auf, dass meine Tasche gegenüber am Tresen lehnte. Davor hing ein Schild mit der Aufschrift "Bitte Schuhe ausziehen". Ich blickte mich um, keiner da. Schnell lief ich hinüber und griff nach ihr. Zurück an der Tür, öffnete ich diese und verließ den Laden leise murmelnd mit den Worten "Entsuldiguuhng".


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